Edition Lashcore

Die initiale Idee zur Lashcore-Editionsreihe entstand eigentlich dadurch, dass ein amerikanischer Tapeszenen-Aktivist den späteren Herausgeber Luther Blissett um eine Zusammenstellung von Material bat, die dieser in amerikanischen Underground-Zusammenhängen als Kassette veröffentlichen wollte. Zuvor war ihm in der Wohnung von Blissett eine Einführung in verschiedene Spieformen deutschsprachigen Musikschaffens (Schlager, DDR-Metal mit deutschen Texten, deutschsprachige Country&Western-Musik) gegeben worden, von denen er sich begeistert zeigte. Als jedoch die Auswahlkompilation fertiggestellt worden war, war besagter Tapeszene-Aktivist bereits außer Landes und konnte nicht mehr erreicht werden. Luther Blissett entschloss sich von daher, die Zusammenstellung auf dem eigenen Hausmacherkassetten-Label herauszubringen. 

Die Edition Lashcore hat es sich zum Ziel gesetzt, deutschsprachige Musik zu sichten, sammeln und zugänglich zu machen, die sich unter dem Klammerbegriff "lasch" (Anm.: fluffy; keine feste, sondern reaktive Oberfläche) zusammenfassen läßt, der seit den frühen 90er Jahren in der Bamberger Subkultur als ästhetischer Bestimmungsbegriff für Gescheitertes, In-Sich-Albernes im Schwange war. War das ursprüngliche Interesse noch auf den sogenannten "deutschen Schlager" gerichtet, so wurde dies bald schon in Reaktion auf die konsequente kommerzielle Verkultung des ehedem verdrängten Genres durch die Studenten und Schnauzbart-Kulturindustrie revidiert. Das Hauptaugenmerk auf obskuren Tonträgerinnen, die sich zwar den im deutschen Sonderbegriff "Schlager" verhandelten Spiel- und Darstellungsweisen zugehörig fühlen, gleichzeitig aber die genreüblichen qualitativen Standards nicht zu erfüllen vermögen, folglich von der "Schlagerindustrie" nicht wahrgenommen wurden und somit ein Nischendasein als eine Art "Independentszene" führen. 

Ohne die an einen 80er-Jahre-Begriff von "Independentmusik" gekoppelten Positionen zu kennen, noch auch nur ansatzweise zu teilen, dekonstruiert diese "Independentszene" (regionale Schlagerinterpreten, gescheiterte und seither verschwundene Grand-Prix-Vorausscheidungsbeiträge, Werbesongs mittelständischer Firmen, Verbands-Selbstdarstellungs-Veröffentlichungen, pädagogisches Liedschaffen aus den Bereichen Verkehr, Umwelt, Anti-Drogen etc.) das majoritäre Schlager-Paradigma durch Unfähigkeit, mangelnde technische und songschreiberische Kompetenz, minderwertige Produktions- und Reproduktionsmittel etc. Diesen Produktionen, die kaum je an Öffentlichkeit gewannen, forschen die Herausgeber in den Wühlkisten-Verwertungszusammenhängen der Schallplattenantiquariate und Flohmärkte nach. 

Ein Gutteil der angelegten Sammlung wurde aus den sogenannten "Schrottkisten" eines lokalen Radiosenders geborgen. Das editorische Entscheidungskriterium der Sampler ist jedoch zumeist, dass die Stücke bei aller formalen und inhaltlichen Dysfunktionalität auf verquere Weise eine gewisse Form von "Ohrwurmcharakter" ausbilden. Dies bedeutet nicht, es so schlecht zu machen, dass es schon wieder gut ist, wie ein ekles Postulat des in der Comedy-Ära zur Mainstream-Haltung herabgesunkenen 80er-Jahre-Zynismus lautet. Die Kassetten der Editionsreihe Lashcore möchten die HörerInnen überprüfen und sich von diesen überprüfen lassen. 

Denn: Diese Kassettenkompilation ist nicht "Kult", sondern normal. Aufmachung, Cover, Analyseteil sind in keinem Moment "kultverdächtig" gemeint und keineswegs in diesem Sinne zu verstehen. Sollten AutorInnen in ihren Rezensionen die Behauptung wagen, dieser oder jener Aspekt der Lashcore Erscheinungsreihe sei "Kult", behalten sich die HerausgeberInnen rechtliche wie auch kommunikationsguerillataktische Schritte vor.

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"Null Prozent Kult"
lashcore nummer 3

"Alle Welt soll es erfahren"
lashcore nummer 4